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Ausgezeichnete Bedingungen für schwangere Ärztinnen
Die Spitalrose 2024 des Verbands Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und ‑ärzte geht an den Tessiner Spitalverbund EOC. Das Spital wird für seine innovativen Massnahmen zugunsten von schwangeren Ärztinnen und jungen Müttern ausgezeichnet. Der EOC leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.
14.10.2025
Auf Vorschlag seiner Tessiner Sektion (ASMACT) hat der vsao dem Tessiner Spitalverbund EOC (Ente Ospedaliero Cantonale) die Spitalrose 2024 verliehen. Diese wird vom vsao jedes Jahr an ein Spital vergeben, das wirksame Massnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Ärztinnen und Ärzten umsetzt. Der EOC erhält die Auszeichnung für sein gemäss vsao Tessin «konkretes und nachhaltiges Engagement» zugunsten von schwangeren Ärztinnen sowie Ärztinnen im Mutterschaftsurlaub.
Automatische Vertragsverlängerung für Schwangere
Der EOC hat seit 2023 eine Reihe von innovativen Massnahmen zugunsten von schwangeren Frauen und jungen Müttern umgesetzt. Diese sind Teil des Gesamtarbeitsvertrags, der mit dem vsao Tessin verhandelt wurde und 2023 in Kraft trat. Zu den Massnahmen gehören:
- 19 Wochen Mutterschaftsurlaub bei voller Lohnfortzahlung.
- Eine persönliche Betreuung und Begleitung, an der die Personalabteilung, die schwangere Ärztin sowie der oder die zuständige Vorgesetzte beteiligt sind. Zur Betreuung gehören regelmässige und geplante Treffen. So werden mehrere Fachleute aus dem Umfeld der Betroffenen einbezogen und sensibilisiert, wodurch gewährleistet wird, dass werdende Mütter von Anfang an über ihre Rechte informiert sind und die Arbeitsbedingungen in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgesetz und dem Gesamtarbeitsvertrag angepasst werden.
- Die Verlängerung des befristeten Vertrags für Assistenz- und Oberärztinnen, deren Entbindung nach Ablauf des Vertrags erfolgt, bis zum Ende des 19-wöchigen Mutterschaftsurlaubs. Nach einer zweijährigen Pilotphase wurde diese Massnahme kürzlich endgültig in Kraft gesetzt und damit ein wichtiger Schutz für schwangere Berufstätige geschaffen.
Vereinbarkeit wird immer wichtiger
Bei der Verleihung des Preises am 22. September in Bellinzona würdigte vsao-Präsident Severin Baerlocher ausdrücklich das Engagement des EOC, «eine Kultur zu fördern, die Inklusion, Mutterschaft, berufliche Wiedereingliederung nach der Mutterschaft und die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben unterstützt». «Diese Vereinbarkeit», so Baerlocher, «ist enorm wichtig, besonders für die jüngere Generation und vor dem Hintergrund, dass der Frauenanteil im Arztberuf seit vielen Jahren wächst. Im Studium sind bereits heute deutlich mehr als 60 Prozent der Studierenden weiblich.»
Die Führungsspitze des EOC zeigte sich sehr erfreut über die Auszeichnung: «Damit wird unser Engagement anerkannt, diejenigen Werte, an die wir glauben, in konkrete Massnahmen umzusetzen», betonte Monica Ghielmetti, Leiterin der Personalabteilung. «Diese Massnahmen stärken nicht nur die Anwendung des Arbeitsgesetzes, sondern fördern auch eine Unternehmenskultur, die auf aktiver Unterstützung und Gleichstellung der Geschlechter basiert und dazu beiträgt, ein noch sichereres und angenehmeres Umfeld für Ärztinnen und das gesamte Arbeitsumfeld zu schaffen. Es steht ausser Frage, dass dies auch erheblich zur Verbesserung der Qualität der Patientenversorgung beiträgt.» Der zuständige Regierungsrat Raffaele De Rosa, Vorsteher des Departements für Gesundheit und Soziales, hob hervor, dass mit solchen Massnahmen auch konkret dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden kann.
Echtes Wohlwollen und Unterstützung
Wie dies funktioniert, zeigt das Beispiel der Chirurgin Maria Marcantonio am Spital San Giovanni in Bellinzona, die von den neuen Massnahmen profitieren konnte. Als sie vor zwei Jahren schwanger wurde, setzte das Spital regelmässige Sitzungen an, in denen die Organisation der Arbeit während der Schwangerschaft und das Einhalten der Rechte der Ärztin im Zentrum standen. Insbesondere waren der zuständige Chefarzt, die Arbeitsmedizin sowie die Personalverwaltung involviert. Dies erlaubte Maria Marcantonio, bis zwei Wochen vor der Geburt noch zu arbeiten. Nach dem Mutterschaftsurlaub konnte sie zuerst sechs Monate in einem 50-Prozent-Pensum arbeiten, bevor sie wieder Vollzeit einstieg. Den gesamten Prozess hindurch habe sie eine echte Unterstützung und wohlwollende Kultur gespürt, die sie sehr geschätzt habe, sagte sie.
Für viele Ärztinnen fallen Schwangerschaft und Mutterschaft mit den Jahren als Assistenzärztin oder Oberärztin zusammen. Damit wird eine ohnehin schon heikle Phase im Leben einer Frau noch komplexer, wenn die Arbeitsbedingungen nicht angepasst werden. Dies betonte auch Giorgia Lo Presti, Präsidentin der Sektion Tessin des vsao, an der Übergabe. Als sie als Angestellte des EOC ihr erstes Kind bekam, gab es das Unterstützungsangebot des Spitals noch nicht. Sie musste viel Arbeit selbst leisten und ihre Rechte einfordern. «Da wir uns dieser Schwierigkeiten bewusst sind, war für uns bei den Verhandlungen über den neuen Gesamtarbeitsvertrag mit dem EOC eine Priorität, Lösungen zum Schutz schwangerer Ärztinnen und Mütter zu finden. Wir sind mit den erzielten Ergebnissen zufrieden», sagte sie bei der Übergabe der Skulptur. Es bleibt zu hoffen, dass sich andere Spitäler davon inspirieren lassen.
Eine Auszeichnung für vorbildliche Spitäler
Die Spitalrose wird vom vsao seit 2013 jedes Jahr an ein Spital verliehen, das sich besonders für eine Verbesserung der Arbeits- und Weiterbildungsbedingungen eingesetzt hat. Bereits 2015 erhielt das Berner Inselspital die Spitalrose für eine vorbildliche Regelung des Mutterschaftsurlaubs.
Alle nach Bern – zur nationalen Kundgebung des Gesundheitspersonals
Am Samstag, 22. November 2025, verschaffen wir unseren Anliegen Gehör. Gemeinsam mit dem Berufsverband der Pflegenden (SBK), dem VPOD, der Unia, der Syna und weiteren Organisationen demonstrieren wir in Bern für bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen. Die Kundgebung startet um 14.15 Uhr auf dem Bundesplatz und dauert bis ca. 16 Uhr. Aufhänger ist die Pflegeinitiative, die auch vier Jahre nach dem deutlichen Ja in der Volksabstimmung nicht umgesetzt ist. An der Kundgebung soll aber vor allem die Botschaft transportiert werden, dass alle Beschäftigten im Gesundheitswesen unter schlechten Arbeitsbedingungen leiden – Pflegende, Assistenz- und Oberärztinnen und ‑ärzte, Physiotherapeutinnen und ‑therapeuten, Hebammen, usw. Je mehr Berufsgruppen vertreten sind, desto eindrücklicher und nachhaltiger der Effekt der Kundgebung. Wir freuen uns auf alle, die kommen können!
Weitere Informationen: https://vsao.ch/politik/nationale-kundgebung-des-gesundheitspersonals/