• My Way

Wie bleiben Sie, Frau Beck Schimmer, als Führungsperson Ihren Werten treu?

Offenheit, Transparenz und Verbindlichkeit sind für Beatrice Beck Schimmer, Direktorin Universitäre Medizin an der Universität Zürich, nicht nur schöne Worte, sondern gelebte Realität. Warum ihr dies wichtig ist und wie sie mit Barrieren umgeht, erzählt sie im Gespräch.

«Beatrice Beck Schimmer steht für eine Medizin, die Exzellenz mit Empathie, Führungsstärke mit Integrität und Innovation mit Chancengleichheit verbindet. Sie ist ein Vorbild, weil sie nicht nur den eigenen Weg gegangen ist, sondern aktiv Räume für andere öffnet – mit Haltung, Klarheit und Vision.»

Tharshika Thavayogarajah, Forscherin, Ärztin und Redaktionsmitglied vsao Journal

Welche Werte leiten Sie in Ihren Rollen als Ärztin, Professorin und Führungspersönlichkeit?

Meine Werte sind stets dieselben, unabhängig davon ob im privaten oder im beruflichen Kontext. Dazu gehören Offenheit, Transparenz, Empathie, Loyalität und Verbindlichkeit. Und das Wichtigste und zugleich Schwierigste an diesen Werten ist: Diese auch wirklich umzusetzen – und das ist und bleibt die Knochenarbeit.

Wie gelingt Ihnen dies?

Zum einen braucht es den Willen, diese Werte zu leben. Ein anderes wichtiges Stichwort ist die Authentizität. Es gibt Menschen, die je nach Umfeld chamäleonartig ihr Erscheinungsbild ändern. Ein solches Verhalten finde ich schwierig. Mir ist es wichtig, geradlinig zu kommunizieren: Ich meine, was ich sage, und die Menschen in meinem Umfeld können sich darauf verlassen. Diese authentische Art hilft, als Führungskraft akzeptiert zu werden. Und schliesslich scheue ich mich nicht davor, Konflikte auszutragen und mit Menschen, die anderer Meinung sind, zu diskutieren. Denn dies ist oft bereichernd.

Inspirierende Persönlichkeiten im Fokus

Mutige Vorreiterin, empathischer Chef, charismatische Weiterbildnerin, politischer Kämpfer: Es gibt viele Eigenschaften und Rollen, die für junge Ärztinnen und Ärzte inspirierend wirken können. In der Serie «My Way» geben wir einen Einblick in die Gedanken, Erlebnisse und Lebenswege von Personen, die durch ihren Weg oder ihre Art herausstechen.

Wie gehen Sie mit Widerständen oder strukturellen Barrieren um?

Ich stelle mir jeweils folgende Fragen: Was kann ich verändern? Wo kann, muss oder will ich mich verändern? Und wo ist es sinnlos? Wenn ich beispielsweise an einer Sitzung der Universitätsleitung verschiedene Traktanden einbringe, mache ich eine klare Priorisierung und verwende auch meine Energie entsprechend – gemäss dem Motto «Choose your battles». Dies würde ich auch jüngeren Kolleginnen und Kollegen raten. Bereits Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte können viel bewegen; mit einer gewissen Hartnäckigkeit ist oft auch eine Führung nach oben möglich, jedoch nicht überall. Da gilt es abzuwägen, wo Energie hineingesteckt werden soll und wo nicht. In letzter Konsequenz bedeutet das aber auch, dass sich jemand – wenn eine Einigung mit Vorgesetzten unter gewissen Umständen nicht möglich ist – entscheiden muss, zu gehen.

Welche Rolle spielt Resilienz in Ihrem Alltag?

Eine grosse. In meiner Position muss ich auch einstecken und aushalten können, dass auf einen Schritt nach vorn oft auch ein Dreiviertelschritt zurück folgt. Eine gewisse Resilienz habe ich vermutlich schon von meiner Familie mitbekommen. Viel habe ich jedoch durch das Medizinstudium mit dem Prüfungsdruck und durch die Arbeit als Notärztin mit den vielen Arbeitsstunden und dem Erleben verschiedenster Schicksale dazugelernt. Wichtig sind auch ein Ausgleich – ich spiele liebend gerne Tennis, obwohl ich sehr oft verliere – und ein gutes Umfeld. Meine Familie und insbesondere mein Ehemann haben mich stets unterstützt und ermutigt, meinen Weg zu gehen.

Sie setzen sich aktiv für die Nachwuchsförderung und insbesondere auch die Karriereplanung von Frauen ein. Was raten Sie jüngeren Kolleginnen und Kollegen?

Klare Ziele, eine gute Planung und ein starkes Netzwerk helfen, auch schwierigere Phasen zu überstehen und nicht zu schnell aufzugeben. Aber natürlich entwickelt sich nicht immer alles so, wie einem lieb ist. Da braucht es oft auch eine gewisse Flexibilität und einen Plan B. Und schliesslich finde ich es wichtig, ehrlich zu sich selbst zu sein und eine Richtung einzuschlagen, die einem wirklich gefällt. Denn wer seine Mitte gefunden hat, ist belastbarer, ausgeglichener und zufriedener.

Zur Person

Beatrice Beck Schimmer studierte Humanmedizin in Bern und war ab 2005 Leitende Ärztin am Universitätsspital Zürich, ab 2009 Professorin für Anästhesiologie an der Universität Zürich. Sie engagiert sich stark in Forschung und Nachwuchsförderung, insbesondere für Ärztinnen. Seit 2018 ist sie Direktorin des Netzwerks Universitäre Medizin Zürich und Mitglied der Universitätsleitung Zürich.